Leseprobe - Kapitel 3: Die 84er-Helden des Offenburger FV
Ein herber Schicksalsschlag ging dem größten Spektakel voraus, das es an der Badstraße jemals gab
Die Geschichte des bis heute größten Erfolges des Offenburger FV begann im Oktober 1983. In der Nettoliga, wie die Oberliga-Baden-Württemberg damals genannt wurde, hatten die vom Baulöwen Louis Fischer gesponserten Offenburger eine Truppe mit spektakulären Namen, die endlich den jahrelang anvisierten Aufstieg in die 2. Bundesliga perfekt machen sollte. Neuzugänge wie Spielmacher Wilfried Trenkel, der vom Karlsruher SC in seine Geburtsstadt zurückkehrte, der Tore schießende Wandervogel Ralf Todzi, Kopfball-König „Kalle“ Kornetzki sowie Gladbach-Profi Bernd Schmider, der für die Rückrunde kam, ließen die Erwartungen ins Kraut schießen.
Doch schnell zeigte sich, dass weder Mischung noch Mentalität stimmten. Das Team mit vielen Häuptlingen und nur wenigen Indianern war nur auf dem Papier unschlagbar, in Wirklichkeit aber ein zusammengewürfelter Haufen von Individualisten, der vieles lieferte, aber nicht die erforderlichen Ergebnisse. Und der zudem schon bald heftig zerstritten war mit der Clubführung, zu der auch der gewiefte Klaus Göppert gehörte.
Nach nur 12:8 Punkten aus zehn Spielen wurde Klaus Blawert, ein solider Trainer und seriöser Schul-Rektor, als zu bieder befunden und musste gehen. Die Antwort konnte nur ein großer Name sein. Der bundesligaerprobte Manfred Krafft langweilte sich gerade ohne Job und ließ sich in die Oberliga herab. „Ich habe es satt, untätig rumzusitzen und will dem OFV helfen“, sagte er.
Was er aber den Spieler vermittelte, war allenfalls der Umgang mit dem Medizinball. Und das bis zum Erbrechen. Metzler, 32 inzwischen, wieder zurück in Offenburg und Teil dieser illustren Truppe, fällte ein vernichtendes Urteil über Krafft: „Den hat doch überhaupt nichts interessiert. Der war so was von leblos. Ein arroganter Sack!“
Nach 20 Tagen und zwei Niederlagen ohne ein einziges geschossenes Tor zog Krafft die vereinbarte Ausstiegsklausel und verabschiedete sich französisch – zum 1. FC Kaiserslautern. Die OFV-Bosse schnappten es am Fernseher auf, in den Spätnachrichten nach Mitternacht.
Jetzt musste eine Interimslösung aus den eigenen Reihen herhalten. Die hieß Rolf Müller. Doch der ehemalige Libero hatte keinen Rückhalt im Team. Es kam zu einer historischen 0:7-Klatsche beim Aufsteiger FV Lauda. Göppert saß während der zweiten Hälfte im Bus und las Zeitung. Und Müller war am Ende.
Nach der 0:2-Blamage drei Tage später im südbadischen Pokal gegen den feixenden Landesligisten FV Ebersweier war der OFV ein Pulverfass.
Höchste Explosionsgefahr.
Die Namen der in den Medien gehandelten Trainerkandidaten reichten von Hans Tilkowski über Siggi Held bis Wolfgang Weber – allesamt Vizeweltmeister von 1966.
Der 17. November war der Tag der Entscheidung. Die Spieler hatten sich in der Kabine versammelt, keiner wusste Bescheid. Dann ging die Tür auf – und „Kalla“ Bente kam herein. „Ich bin fast in Ohnmacht gefallen“, sagt Metzler.