Viermal siegen ohne Wenn und Aber

 

Veröffentlicht am 18.01.2024 in der "Mittelbadischen Presse"

Bob Hanning ist das Gesicht des Berliner Handballs. Als Geschäftsführer des Bundesliga-Zweiten Füchse Berlin und Trainer des Zweitliga-Spitzenreiters VfL Potsdam zieht der ehemalige Vize-Präsident des Deutschen Handball-Bundes die Fäden in der Hauptstadt. Der ehemalige Coach der SG Willstätt/Schutterwald (2001 bis 2002) glaubt, dass das deutsche Team die Lehren aus der 30:33-Niederlage gegen Frankreich ziehen kann und in der am Donnerstag beginnenden EM-Hauptrunde stark genug ist, um das Ziel Halbfinale zu realisieren. „Wir müssen Island, Ungarn, Kroatien und Österreich ohne Wenn und Aber schlagen“, fordert Hanning im Interview mit der Mittelbadischen Presse.

War die Niederlage gegen Frankreich ein Stimmungsdämpfer oder gar eine Weichenstellung im Turnier?

Die Frage ist wirklich gut. Wir haben gegen die stärkste Mannschaft der Gruppe gespielt und können inhaltlich eine Menge aus diesem Spiel ziehen. Wir haben ab jetzt nur noch Endspiele gegen Mannschaften, die nicht so gut sind wie die Franzosen. Das gibt uns alle Möglichkeiten. Ich bin mir sicher, dass die Mannschaft und das Publikum zueinander finden und dass das unserem Spiel wirklich helfen kann.

Auffällig war, dass gegen die Franzosen in der letzten Minute der ersten Halbzeit vieles kaputt ging, und verloren wurde die Partie endgültig in den letzten zehn Minuten. Ist das also eine Frage der Kraft und somit der Kaderbreite?

Ich habe einen etwas anderen Ansatz. Wir haben in der ersten Viertelstunde des Spiels die Franzosen dominiert wie lange nicht mehr. Aber wir haben trotz eines überragenden Andy Wolff im Tor keinen Ertrag daraus gezogen. Mein Gefühl war, wir hätten mit vier, fünf Toren führen müssen. Und das Zwischenergebnis war nach einer 4:1-Führung auf einmal unentschieden. Der verschlafene Rest der ersten Halbzeit und der klare Rückstand nach der Pause waren vermeidbar und haben extrem wehgetan. Hinten raus im Spiel haben die Franzosen die Breite ihres Kaders besser genutzt als wir unsere Breite nutzen konnten.

Ihr früherer HSV-Hamburg-Spieler Guillaume Gilles konnte als Frankreich-Coach in der Schlussphase entscheidende Spieler von der Bank bringen.

Aber diese Möglichkeit haben wir ja auch gehabt.

Wobei Sebastian Heymann noch nicht der Joker ist, den es braucht, um den Abwehr-Angriff-Mann Köster zu entlasten.

Heymann beginnt häufig sehr nervös und noch nicht so selbstsicher, wie er im Verein auftritt. Und trotzdem glaube ich, dass er helfen kann, uns noch besser zu machen.

Wie hat der Lokalmatador Bob Hanning Berlin bei dieser Europameisterschaft erlebt?

Das  großartigste Spiel war für mich Norwegen gegen die Färöer-Inseln. Das hat am meisten Spaß gemacht.

Die Party der Färinger in der Mercedes-Benz-Arena war der Hammer.

Man musste die sage und schreibe zehn Prozent der Färöer-Bevölkerung, die zur EM angereist sind, aus der Halle rauskehren, so toll haben sie Party gemacht. Das war für mich das besondere Spiel. Und Deutschland gegen Frankreich wurde von den Zuschauern auch toll mitgetragen. Das waren für mich die beiden Highlights.

Parallel zum verlorenen Spiel gegen Frankreich haben sich die Spanier völlig überraschend bereits in der Vorrunde aus dem EM-Turnier verabschiedet. Könnte diese Sensation für das deutsche Team das Zünglein an der Waage sein für die Hauptrunde?

Das kann uns natürlich helfen. Aber man sollte die Österreicher nicht unterschätzen. Die sind nicht umsonst in die Hauptrunde eingezogen. Die Spanier waren aber eine echte Enttäuschung.

Wie sehen Sie die vier Hauptrunden-Gegner
Island, Ungarn, Kroatien und Österreich?

Die müssen wir alle schlagen ohne Wenn und Aber. Die Isländer haben in der Vorrunde ähnlich enttäuschend gespielt wie Norwegen, Ungarn hat eine ordentliche Handball-Mannschaft, die wir aber im eigenen Land ebenso schlagen müssen wie die Kroaten und auch die Österreicher.

Nicht dass es den Handballern so ergeht wie der Nationalelf, die sich in Wien gegen Österreich blamiert hat.

Nee, das werden wir nicht erleben. Und: Wir haben den großen Vorteil, dass der amtierende Weltmeister Dänemark und Titelverteidiger Schweden in der anderen Hauptrunden-Gruppe spielen.

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