Der Deadline-Day im Transferfenster des europäischen Fußballs gleicht immer mehr dem Aschermittwoch – denn erst dann ist alles vorbei.
Dieser Sommer und speziell die letzten Tage hatten es in sich. Dabei wurde mit den Bundesligisten gekegelt, was das Zeug hält. Allen voran – selbst in dieser Hinsicht: der FC Bayern.
Erst die historische Schlappe gegen den FC Liverpool im Duell um das deutsche Juwel Florian Wirtz. Und jetzt die Demütigung beim Thema Woltemade.
Der ehemalige Stolpermade von Werder Bremen brauchte nur ein halbes Jahr, um sich in Stuttgart und bei der U21-EM zu einem der begehrtesten Kicker Europas zu mausern.
So einen haben die Bayern bislang im Handumdrehen kassiert. Und Woltemade wollte auch. Aber die schwäbischen Gscheitle vom VfB blockten mit ihren Dickköpfen zwei Angebote von der Säbener Straße kaltlächelnd ab. Zuletzt sollen es an die 60 Millionen gewesen sein.
„Die Akte ist geschlossen“, sagte VfB-Boss Wehrle. Viele Fans rieben sich vergnügt die Hände, dass jemand den Münchnern die Stirn zeigt, und Uli Hoeneß schwieg. Womöglich hat sich der Bayern-Patron dabei die Zunge durchgebissen.
Jetzt könnte auch sein Neffe, der VfB-Trainer Sebastian Hoeneß, kotzen.
Denn Wehrles „Basta“ hatte ein Verfallsdatum von gerade mal 13 Tagen. Am Donnerstag kam Newcastle. Und aus 60 wurden 90 Millionen Euro. Saudisches Geld vom arabischen Staatsfond. Oder vom Fernsehen. Oder beides.
Im Grunde ist das schittegal. Denn die englischen Premier-Clubs werden mit Kohle aus ihrem TV-Vertrag und von Investoren dermaßen zugeschüttet, dass die Zeiten eines reellen Wettbewerbes komplett vorbei sind. Marcel Reif drückt das so aus: „Wer immer mit Vernunft an irgendwelche Dinge rangeht, hat nicht mit den Engländern gerechnet.“
Newcastle United gehört dank der Saudis zu den Neureichen auf der Insel. Viermal englischer Meister, zuletzt 1927. Inzwischen reicht’s immerhin für die Champions League. Aktuell ist es aber nur Platz 15 in der Liga, und Starstürmer Isak, einst in Dortmund gewogen und für zu leicht befunden, streikt sich weg. Er will nach Liverpool. Ablöse: 150 Millionen.
Da kommt Woltemade wie geschliffen. „Big Nick“ könnte mit seinen 1,98 Metern alle Probleme lösen. Was sind da schon 90 Millionen ...?
Und was sind schlappe 52 Millionen für Maxi Beier? Mit diesem Sümmchen will der FC Brentford, bei dem der Ex-Freiburger Kevin Schade Karriere macht, den BVB-Stürmer loseisen. Aber – und jetzt kommt’s: Sowohl Beier als auch Dortmund winken ab. Sowas soll’s noch geben.
Die Spurs aus Tottenham hatten mehr Erfolg beim Versuch, sich in Leipzig zu bedienen. Für 60 Millionen Euro wechselt der holländische Ballzauberer Xavi Simons ins Vereinigte Königreich.
Der englische Arm reicht sogar bis auf die Ostalb. Das Objekt der Begierde: Leonardo Scienza. Der FC Southampton hat die Angel nach dem luxemburgischen Brasilianer ausgeworfen, der den 1. FC Heidenheim in der Relegation gegen Elversberg gerettet hat.
Aber soll der FCH nach Kleindienst, Beste, Dinkci sowie den Leihspielern Wanner und Krätzig jetzt auch noch sein letztes Hemd hergeben?
Holger Sanwald und Frank Schmidt, das eiserne Duo, wehren sich. Sie verlangen einen zweistelligen Millionenbetrag. Die Engländer werden wohl zahlen, na klar. Aber das Spiel läuft noch.
Heute um 18 Uhr ist alles vorbei.