Beim Fußball gibt es kein Ja-Wort für immer. Und Langzeitbeziehungen zwischen Trainern und Vereinen gehören zu den eher seltenen und edlen Facetten dieses eiskalten Tagesgeschäfts.
Gehen sie zu Ende, ist es wie im richtigen Leben: Es gibt Liebeskummer. In Bremen können sie ein Lied davon singen. In Freiburg auch. Mit Rehhagel und Schaaf sowie Finke und Streich stellen der SV Werder und der Sport-Club vier der fünf am längsten im Amt verblieben Trainer in 62 Jahren Bundesliga.
Aber, und das gehört auch zur Wahrheit: Wer auf so eine Ikone folgt, wird gewogen und fast immer für zu leicht befunden. In Bremen waren es vier an der Zahl. An der Dreisam galt das für Robin Dutt und Marcus Sorg, ehe mit Christian Streich ein Pferd aus dem eigenen Stall zum Kulttrainer in Deutschland aufstieg, das Alemannische salonfähig machte und nicht nur fußballerische, sondern auch gesellschaftliche Relevanz erlangte.
Höchstwahrscheinlich ist das der Grund, warum sie in Freiburg mit Nachfolger Julian Schuster bei ihren Leisten bleiben. Wo sie sich doch längst andere Namen leisten könnten. Der ehemalige Kultspieler hat jede Rückendeckung im Verein, aber eine Versicherung für den Sprung ins kalte Wasser gibt es nicht mal bei Allianz.
Schalke, der HSV oder Köln dagegen ticken mit ihren On-Off-Trainerbeziehungen hart am Puls der Zeit. So könnte es passieren, dass Hamburgs neuester Feuerwehrmann Steffen Baumgart in der Relegation zur Bundesliga seinem bisherigen Club, den „Geißböcken“, die Hörner stutzen muss. Emotionen oder gar Identifikation werden einfach eingefroren, bis das Verfallsdatum abläuft.
Die Nationalelf war lange Zeit ein Fall für „högschde“ Kontinuität. Kein Wunder, kam der Bundestrainer doch 15 Jahre aus Freiburg. Doch bei Jogi Löw lief es anders als in Bremen oder beim SC. Er saß die Sache viel zu lange aus. Deshalb ist jetzt nicht sein Schatten das Problem, sondern der Schaden, den das anrichtete.
Hans Flick bekam ihn nicht geflickt. Jetzt versucht sich der begehrteste Jungspund unter den deutschen Trainern am Sorgenkind der Nation – mit der ganzen Unverbrauchtheit seiner erst 36 Jahre. Liest man zwischen den Zeilen, ist der Trainermarkt für Julian Nagelsmann tatsächlich ein Wunschkonzert. Erst recht nach dem 2:0-Triumph in Frankreich, der etwas von einem Urknall hatte. Es wird kräftig spekuliert, seit der Bundestrainer durchblicken ließ, dass ihm eine Klärung seiner Zukunft noch vor der EM am liebsten wäre.
Dortmund ist ein Thema, weil dort der seit Monaten wackelnde Edin Terzic am Saisonende seinen großen Befürworter, den Vereinschef „Aki“ Watzke, verliert.
Plötzlich scheint selbst eine Rückkehr zu den Bayern nicht mehr tabu. Kahn und Salihamidzic, die Nagelsmann voreilig gefeuert haben, sind längst Opfer dieser dämlichen Aktion geworden. Der neue CEO Dreeßen schickt den diplomatischen Satz auf die Reise: „Da haben schon andere gesagt, dass man im Fußball nie was ausschließen soll.“
Nagelsmann findet das „clever“. Zumal er sich, wie „Bild“ zu wissen glaubt, intensiv um seine Kinder aus gescheiterter Ehe kümmern will. Und die leben in München.
Das wäre auch ein prima Standort für den Bundestrainer. DFB-Chef Neuendorf winkt mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung. Nachdem das mit Löw und Voss-Tecklenburg zweimal mächtig in die Hose ging, soll allerdings eine EM-Erfolgsklausel daran geknüpft werden.
Mal sehen, ob der DFB tatsächlich aus den Langzeitfolgen seiner Langzeitbeziehungen gelernt hat.