The Wind of Change

Kleines Weihnachtsquiz: Wer ist nochmal Klaus Meine? Ein Sänger – richtig. Er komponierte die Rockballade „Wind of Change“, die erfolgreichste deutsche Single. Dieser Wind des Wandels wurde nach dem Mauerfall zur Hymne der Wende.

Im Fußball kann sich der Wind noch schneller drehen.

Nehmen wir nur Julian Nagelsmann. Nach Blamagen von nationaler Tragweite gegen die Türkei und Österreich schien der neue Bundestrainer schon am Ende, ehe er richtig angefangen hatte. Doch dann brach er mit alten Bräuchen, entfachte mit mutigen Entscheidungen einen neuen Geist in der Nationalelf – und schon ist Nagelsmann der Mann des Jahres.

Oder doch Xabi Alonso?

Der Spanier schubste die Bayern nach elf Jahren vom Bundesliga-Thron und holte mit Bayer das Double, ohne ein einziges Spiel zu verlieren. Trotzdem landete sein Team bei der Wahl zum „Sportler des Jahres“ hinter den 3x3-Basketballerinnen nur auf Rang zwei – schon war Leverkusen wieder Vizekusen.

Auch an der „Queen of Darts“ ging der „Wind of Change“ nicht spurlos vorbei. Fünf Jahre nach ihrem historischen Siegeszug durch die Männerwelt im Londoner AllyPally scheiterte Fallon Sherrock diese Woche sang- und klanglos in Runde eins der WM. Hauptthema war ihr Mondgesicht, das Anlass zur Sorge gibt. Denn das veränderte Aussehen der inzwischen 30-Jährigen ist einer Nierenerkrankung geschuldet, die sie an den Rand der Dialyse gebracht hat und ihre Karriere kosten könnte. Angesichts dessen wird ein Bulls­eye zur Randnotiz.

Im verflixten zweiten Bundesliga-Jahr hat sich auch auf der Ostalb der Wind gedreht. Seit der 1. FC Heidenheim in die Conference League eingestiegen ist, gelang in der Liga kein Sieg mehr. In elf Spielen setzte es zehn Niederlagen. Das ist die schlechteste Phase, seit Frank Schmidt 2007 Trainer wurde. Er sieht aus, als hätte er Lebertran getrunken und sagt: „Das wurmt mich!“

Allein die Tatsache, dass es Lothar Matthäus als RTL-Experte am Donnerstag zum ersten Mal in seinem Leben nach Heidenheim verschlug, lockte ein Lächeln auf Schmidts Lippen. Schließlich schlief er als Junge in Bayern-Bettwäsche, und „Loddar“ war sein großes Vorbild.

Aber das reichte auch nur zu einem 1:1 gegen St. Gallen. Wodurch der FCH das Achtelfinale verpasste und sich mit den Playoffs bestrafte. Was den Abstiegskampf in der Liga mit zwei zusätzlichen Spielen im Februar garniert.

In Freiburg ging die maximal denkbare Veränderung völlig lautlos über die Bühne. Unglaublich, aber wahr: Ein halbes Jahr nach seinem Rücktritt ist Christian Streich kein Medienthema mehr. Sein Nachfolger erwischte einen optimalen Start im Derby gegen Stuttgart. „Danach konnte ich gleich viele Fragezeichen streichen“, sagt Julian Schuster und muss selbst lachen über das ungewollte Wortspiel. Sein Erfolgsrezept ist ziemlich simpel: Er hat einfach so weitergemacht.

Eine krasse Kehrtwende dagegen deutet sich bei Wladimir Klitschko an. Kaum zu glauben, aber womöglich wahr: Selbst der promovierte Sportwissenschaftler liebäugelt mit 48, sich den unsäglichen Comebacks anzuschließen, die den maroden Boxsport beleben sollen. „Ich bin bereit“, zitiert ihn die Münchner „AZ“. Dahinter steckt der saudische Strippenzieher Turki Al-Sheikh.

Wieviel der auch immer auf den Tisch blättern sollte, die Kriegskasse der Ukraine lässt sich damit nicht entscheidend aufbessern. Und falls Klitschko verliert, würde er der Moral seines strapazierten Landes einen Bärendienst erweisen.

 

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