Filmdiva Liz Taylor war achtmal verheiratet und wusste vielleicht auch deshalb: „Erfolg ist ein großartiges
Deodorant. Es entfernt alle Gerüche der Vergangenheit.“ Beim Fußball, wo Schweiß eine große Rolle spielt, schwören sie eher auf Stallgeruch.
Damit ist Zugehörigkeit gemeint, Glaubwürdigkeit, eine Leitfigur aus den eigenen Reihen. Seit Jonas Hector aufgehört hat, darbt der 1. FC Köln in dieser Hinsicht. Dafür bieten die „Geißböcke“ bei den Fanartikeln Stallgeruch pur – ein gleichnamiges Parfum für 39,95 Euro und das Duschgel für 4,95.
Als Trainer mit dem meisten Stallgeruch gilt Frank Schmidt, der beim 1. FC Heidenheim 17 Jahre das Sagen hat. Potenzielle Neuzugänge testet er auf Herz und Nieren. „In Heidenheim sind die Winter lang, kalt und neblig“, sagt er jedem Kandidaten und fragt: „Hältst du das aus?“
Im Abstiegskampf der Bundesliga greift auch Union Berlin auf das bewährte Hausmittel zurück. Steffen Baumgart, einst Kultstürmer an der Alten Försterei, ist der neue Coach. Der Rostocker geht glatt als Köpenicker durch – schließlich arbeitete auch seine Frau jahrelang im Fanshop der „Eisernen“. Am Samstag im direkten Duell schlug Deutschlands bekanntester Schiefhals die bekannteste Schiebermütze mit 2:0. Danach nahm Schmidt den unterlegenen Kontrahenten in den Arm und legte ihm die Hand aufs Herz.
Stallgeruch verbindet. Und ist nicht nur ein Patentrezept im Abstiegskampf.
Schauen wir auf den BVB: Beim Champions-League-Finalisten haben im Tagesgeschäft lauter ehemalige schwarz-gelbe Kicker das Sagen: Lars Ricken, Sebastian Kehl, der gerade verlängert hat, und auf der Trainerbank sitzt der Ur-Borusse Nuri Sahin. Bloß nach Erfolg schmeckt der Braten im eigenen Saft noch zu selten.
Das war lange Zeit auch bei der Nationalelf so. Der Stallgeruch des DFB hing in sämtlichen Schals, die Jogi Löw trug, bei Nachfolger Flick war’s nicht anders.
Bis Julian Nagelsmann kam. Der groovte in Schicki-Micki-Klamotten auf dem Longboard daher, dass den Altvorderen Hören und Sehen verging. Und der neue Bundestrainer ist viel mehr als nur ein Sommermärchen. Sein frischer Wind hat den Mief verscheucht.
Stallgeruch ist etwas, das Thomas Tuchel so gar nicht anhaftet. Beim Taktik-Guru riecht’s nach Zoff. Jetzt hat er sich Englands Nationalteam angetan – oder eher umgekehrt. Sportreporter Keir Radnedge bringt die pikante Liaison auf den Punkt: „Tuchels Aufgabe ist einfach: Er muss die WM 2026 gewinnen! Gelingt das, wird er der beliebteste Deutsche im englischen Fußball seit Bert Trautmann. Scheitert er, kennen Fans und Medien keine Gnade.“
Ohne vorgreifen zu wollen: Tuchel und beliebt, das klingt wie Trump und vernünftig...
Zurück zum Stallgeruch: Selbst die noblen Münchner sind sich dafür nicht zu schade. Auch wenn sie es gerne als „Mia-san-Mia-DNA“ verkaufen. So wie ihren Parade-Bayer Thomas Müller. Jetzt würden sie gerne Joshua Kimmich und Jamal Musiala zu neuen, prägenden Figuren des Vereins entwickeln.
Zum Zwecke der Vertragsverlängerung werden die beiden gepudert und in Watte gepackt. Doch Kimmich ziert sich, und Musiala will angeblich eine Ausstiegsklausel für 175 Millionen. Das bringt nicht nur Marcel Reif auf die Palme. „Wenn das alles nichts zählt, dann lass sie doch gehen!“, wettert der Edel-Kolumnist.
Bei der Knete hört der Stallgeruch auf. Wie sagte doch schon der römische Kaiser Vespasian: „Geld stinkt nicht“.