Posse der Peinlichkeit

Die Schleimspur des Jahres ist breiter als ein achtspuriger Highway. Und die Welt, besser gesagt, das, was ihr an Vernunft geblieben ist, fühlt sich brüskiert und echauffiert sich, wie die Herren Infantino und Trump die WM-Auslosung narzisstisch missbrauchten.

Der Fußball-Präsident verlieh dem US-Präsidenten einen flugs erfundenen FIFA-Friedenspreis als Ersatz für den Friedensnobelpreis, der an Maria Corina Machado aus Venezuela ging.

Der Auftritt der beiden Brüder im Geiste war halb Kindergarten, halb Realsatire. Laut „Bild“ sprach sogar ein hochrangiges Mitglied des europäischen Fußball-Verbandes UEFA von einem „neuen Level des A....leckens.“

Ein Blick in den Rückspiegel zeigt: Der Sport steckt bis zum Hals in üblen Machenschaften und Skandalen.

Geradezu harmlos war das, was sich der DFB 1974 leistete. Die Spielerfrauen unserer frischgebackenen Fußball-Weltmeister wurden von der Siegesfeier ausgeschlossen, die der Funktionäre waren wohlgelitten. Susi Hoeneß schlich sich trotzdem an die Tafel und wurde vom Kellner hinauskomplimentiert.

Das war nur ein zwischenmenschlicher Fauxpas.

Ganz anderen Dreck am Stecken hatte da schon Kim Un-Yong. Der südkoreanische IOC-Vize bekam 2004 zweieinhalb Jahre Knast, weil er angeblich 2,2 Milliarden Euro veruntreut hatte. Oder Lamine Diack, der ehemalige Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes, der Doping vertuschen ließ und bei seiner Wahl mehr Stimmen erhielt, als es Delegierte gab.

Hassan Moustafa, immer noch amtierender Chef des Welthandballs, gönnte sich eine Gehaltserhöhung von 30.000 Schweizer Franken auf 500.000 und hat den Spitznamen „Pharao“.

Doch wie immer toppt der Fußball alles.

Keiner weiß so genau, ob es, seit wir zuschauen, eine WM gab, für die keine Kohle floss. Schon als der Schweizer Sepp Blatter 1998 FIFA-Chef wurde, gab es das Gerücht, er habe sich seine Wahl erkauft. Gleiches galt für das Sommermärchen in Deutschland. Für die 6,7 Millionen Euro, die über Umwege zur FIFA gelangten, wurde Lichtgestalt Franz Beckenbauer an die Wand gefahren. Während Corona endete ein Prozess wegen Verjährung.

2015 wurden im feinen Züricher Hotel „Baur au Lac“ FIFA-Funktionäre verhaftet. Es ging um Bestechungsgelder für Medienrechte. Ermittelt hatte das US-Justizministerium auf Grundlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Mafia. Danach wuchs der Druck auf Blatter, er machte Platz für seinen Landsmann Infantino. Und es wurde, wen wundert’s, nicht besser, sondern noch viel schlimmer.

Inzwischen wird die WM per Akklamation vergeben, die Entscheidung steht vorher fest. Aber Infantino sagt: „Die FIFA ist eine saubere, solide geführte Organisation, die gemäß den höchsten ethischen Standards arbeitet.“

Dazu gehört offenbar auch ein Friedenspreis für einen, der sonst keinen kriegt. Natürlich gab es weder andere Kandidaten noch einen Auswahlprozess, und Trump schnappte die Medaille vom Teller und hängte sie sich selbst um den Hals.

Infantino und Trump haben allen Schurkenstücken dieser Welt des Sports eine vollkommen schmerzfreie Note der Peinlichkeit hinzugefügt.

Nun hat eine Menschenrechtsorganisation Beschwerde gegen den FIFA-Boss eingelegt. Begründung: Infantino habe mit seinen Lobhudeleien für Trump gegen die Neutralität des Verbandes verstoßen. Was zwei Jahre Sperre geben könnte. Allerdings müsste die Ethikkommission der FIFA ermitteln. Und da lachen selbst die Hühner.

 

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