Schalke 04 gilt als größte Baustelle des deutschen Fußballs. Stuttgart 21 ist ein Klacks dagegen.
Momentan machen die „Knappen“, wie sie wegen ihrer Bergbautradition heißen, diesem Namen auch im übertragenen Sinne alle Ehre: 162 Millionen Schulden, Platz 14 in der Zweiten Liga – das ist die schlechteste Platzierung in 120 Jahren.
Die unendlich leidensfähigen Fans empfinden das schon lange wie eine Operation am offenen Herzen. Schalke war und wird immer eine Herzensangelegenheit sein. Als der schwedische König einst von Ernst Kuzorra wissen wollte, wo Gelsenkirchen liege, antwortete die S04-Legende: „Bei Schalke“.
Seit der Vizemeisterschaft 2018 unter Domenico Tedesco ging’s steil bergab. Schalke ist vieles, vor allem aber ein Trainergrab. Seit Tedesco wurden 13 Kollegen verschlissen. Der Holländer Kees van Wonderen war zuletzt auch mehr Käse als Wunder.
Die Frage ist: Macht’s überhaupt noch einer?
In Hamburg herrschten ähnliche Verhältnisse. Bis der HSV nach sieben Jahren dorthin zurückgekehrt ist, wo er einst als unabsteigbarer Dino galt, nämlich in die Bundesliga, kostete es acht Übungsleiter. Jetzt hat sich mit Merlin Polzin (34) der Jugendstil durchgesetzt.
Auf der Kommandobrücke wurde das Gegenteil gerade noch verhindert: Der Beirat ließ Felix Magath (71) nicht als Kandidaten fürs Präsidentenamt zu. Angeblich, weil er sich zu wenig mit der Satzung auskennt. Kein Wunder – das Kleingedruckte ist für den alten „Quälix“ nur Unkraut.
Tatsächlich aber wollten sie sich beim HSV nicht den hinlänglich bekannten Machtspielen unterwerfen. Magath, der auch schon mal als Trainer und Geschäftsführer auf Schalke das Zepter schwang, regiert bekanntlich nach dem Prinzip: „Friss oder stirb!“
Nun steigt er als Investor bei einer Recyclingfirma für Altreifen ein. Das dürfte deutlich passender sein.
Im Schlepptau der Hamburger kehrt mit dem 1. FC Köln der nächste Traditionsverein in die Bundesliga zurück. Dass das nur ein Jahr nach dem Abstieg möglich wurde, verdankt der Effzeh dem Trainer-Urgestein Friedhelm Funkel, der sich mit seiner Zwei-Spiele-Mission den siebten Aufstieg seiner Karriere an die Fahne heften darf.
Funkel hat mit 71 noch das Funkeln im Auge. Im Überschwang der Gefühle neigte der Feuerwehrmann sogar zur Festanstellung: „Ich bin bereit für alles!“ Doch dann merkte er rasch, dass bei den „Geißböcken“ die Traditionalisten in der Minderheit sind und die Gremien einen Neuanfang wollen. Nichts für ungut: Die 250.000 Euro Aufstiegsprämie reichen Funkel für einen unbeschwerten Sommer auf den Kanaren und ein paar neue Tennisschläger. Und irgendeiner ruft wieder an...
Es muss ja nicht unbedingt Hertha BSC sein. Der einstige Big-City-Club von Lars Windhorst ist haarscharf an der Drittklassigkeit vorbeigeschrammt, hat aber in Stefan Leitl einen Coach, dem es gelungen ist, aufgrund alter Verbundenheit aus Fürther Zeiten den Publikumsliebling Fabian Reese von einer Vertragsverlängerung bis 2030 zu überzeugen.
„Wir können was Besonderes schaffen“ glaubt der Angreifer, der neben Michael Cuisance, dem ehemaligen Tunichtgut des FC Bayern, zu den Schlüsselspielern der Berliner gehört.
Bleibt die Frage: Wer übernimmt Schalke 04? Christian Streich, den Horst Heldt schon vor Jahren in den Pott locken wollte, wird lieber ein Landstreicher auf dem Rad bleiben. Tedesco sagt immerhin: „Vorstellen kann ich mir das. Aber die Situation müsste passen.“ Wetten, dass Magath sofort antanzen würde?