Wenn’s so weit ist, geht alles ganz leicht. Nach langem, oft verbissenem Kampf um Anerkennung, Wertschätzung und Zuneigung haben die deutschen Fußball- und Handballspielerinnen in diesem Jahr den Durchbruch in der Gunst des Publikums geschafft.
Plötzlich läuft’s. Sogar ohne Pokal, Triumph oder Tragödie.
Mit neuen Namen und neuen Gesichtern. So wie Leuchter und Filter – das klingt wie Lafer und Lichter. Dabei handelt es sich aber nicht um Fernsehköchinnen. Viola Leuchter wurde bei der Frauenhandball-WM zur besten Nachwuchsspielerin gewählt und überzeugte außerdem mit feinen Fingern als Beethoven-Interpretin am Klavier. Und Torfrau Katharina Filter formulierte das Erfolgsgeheimnis der deutschen Vizeweltmeisterinnen so: „Wir haben bei diesem Turnier die Zeit unseres Lebens und tragen die Stimmung in unseren Köpfen und Herzen.“
Neuerdings haben die Frauen den Bogen raus. Nicht nur im Handball.
Die Schweizerin Tatjana Haenni ist CEO von RB Leipzig, die Fußballfrauen haben ihren eigenen Ligaverband gegründet, der sie besser vermarkten soll. Und an den Analysetischen im Fernsehen erkämpften sich Expertinnen wie Tabea Kemme, Josy Henrichs oder Julia Simic einen Stammplatz. Zumindest werden sie von Platzhirsch Lothar Matthäus nicht mehr wie lästige Fliegen betrachtet.
Vorbei die Zeiten, als Imke Wübbenhorst Aufmerksamkeit generierte mit dem Satz: "Ich bin Profi, ich stelle ich nach Schwanzlänge auf." Für diese ironischen Worte wurde die Trainerin des Männer-Oberligisten BV Cloppenburg mit dem Fußballspruch des Jahres 2019 ausgezeichnet.
Schnee von gestern ist auch die Schnapsidee von Kurz-Kanzler Olaf Scholz, der sich 2021 anlässlich der Fußball-EM für ein "equal pay" bei den Prämien der Männer (400.000 Euro) und der Frauen (60.000 Euro) einsetzte und glatt übersah, dass dafür ein weiteres Sondervermögen nötig gewesen wäre.
"Ich lache mich tot", sagt Bayern-Patron Uli Hoeneß zu dieser Art von Gleichberechtigung.
DFB-Kapitänin Giulia Gwinn hat das Thema abgeräumt: "Das ist nicht realistisch momentan." Die hübsche Abwehrspielerin des FC Bayern ist eines der neuen Gesichter des Frauenfußballs und nützt ihrem Sport auf ihre Weise genauso wie die pfeilschnelle Angreiferin Klara Bühl, die elegante Dribblerin Jule Brand oder Torfrau Ann-Kathrin Berger mit ihren sensationellen Reflexen. Der unbändige Kampfgeist im EM-Viertelfinale gegen Frankreich tat ein Übriges.
Unnötig wie ein Kropf sind Genderattacken wie die von ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann, die ihr Ding staubtrocken durchzieht, mit Begriffen wie Linksverteidigerinnenposition. 29 Buchstaben im Zeichen der Emanzipation.
Sei's drum. Frauen wie Sabrina Wittmann zeigen, wie es geht. Die 34-Jährige, die als Kind von einer zufälligen Urlaubsbekanntschaft namens Miroslav Klose für den Fußball entdeckt wurde, hält sich schon anderthalb Jahre als Cheftrainerin des Männer-Drittligisten FC Ingolstadt.
Oder Union Berlin. Bei den Köpenickern spielen sowohl die Männer als auch die Frauen in der Bundesliga. Die bringen es als Aufsteiger auf stattliche 8000 Zuschauer im Schnitt.
Präsident Dirk Zingler hat eine Vision fürs neue Stadion: "Mein Traum ist, dass dort an einem Wochenende 40.000 zu den Männern und am anderen 40.000 zu den Frauen kommen."
Weihnachten ist die Zeit der Wünsche. Und an der Alten Försterei ticken die Uhren ohnehin anders.