Preisfrage nach 97 Tagen Bundesliga-Pause: Kann man sich vom Fußball erholen?
Antwort: Kommt drauf an.
Die flaue Klub-WM war zum Abschalten – in jeder Hinsicht. Zumal der Pokal nicht an die Gewinner des FC Chelsea ging, sondern der prollige US-Präsident Trump sich die Trophäe unter den Nagel riss.
Ganz anders verlief die U21-Europameisterschaft, die Nick Woltemade zum Objekt der Begierde machte und uns im Dunstkreis von Paul Nebel erkennen ließ, dass die Zukunft des deutschen Fußballs kein Fall für die „Aktion Sorgenkind“ ist.
Selbst der Frauenfußball steht inzwischen auf eigenen Beinen. Bei der EM in der Schweiz waren nicht nur die Berge eine prächtige Kulisse. Unsere Torfrau Ann-Kathrin Berger lieferte die Parade des Jahrzehnts und Nia Künzer die peinlichste Erklärung seit Erfindung der Ausrede. Das mit Rot bestrafte Haare ziehen von Kathy Hendrichs verniedlichte die DFB-Direktorin so: „Beim Versuch, Kontakt aufzunehmen, streift sie ihr durchs Haar und bleibt darin hängen.“
Humor hat, wer trotzdem lacht.
Und der FC Bayern, wen wundert’s, waberte durch sämtliche Themen. Die Klub-WM kostete den Münchnern ihren besten Mann: Jamal Musiala kehrte mit gebrochenem Wadenbein aus den USA zurück. Bei Giulia Gwinn, dem Gesicht des deutschen Frauenfußballs, riss gleich im ersten Spiel das Innenband im Knie. Und bei der U21-EM waren die Bayern komplett außen vor.
Weshalb Trainer Vincent Kompany für die neue Saison den Auftrag „Jugend forscht“ aufs Auge gedrückt bekam. Aus Hoffenheim entführten die Bayern prompt den Hoffnungsträger Tom Bischof. Doch der produziert die Schlagzeilen bislang nur außerhalb des Platzes. Erst angelte er sich Mehmet-Scholl-Tochter Josefine, dann musste er am Blinddarm operiert werden.
Weil der 17-jährige Lennart Karl in den Testspielen derart auftrumpfte, dass die Abteilung Euphorie an der Säbener Straße hinter dem Eigengewächs schon einen neuen „Karl den Großen“ vermutet, wurde Paul Wanner noch schnell nach Eindhoven verscherbelt. Schließlich muss auf dem Platz noch genügend Platz für den Geldadel unter den Profis sein.
Doch ausgerechnet auf dem europäischen Transfermarkt spielen die Münchner nicht mehr mit ihren Muskeln, sondern Mensch-ärgere-dich-nicht. Den Sehnsuchtsspieler Florian Wirtz schnappte ihnen der FC Liverpool vor der Nase weg. Und im Poker um Nick Woltemade lächelte der VfB Stuttgart eiskalt alle Angebote der Bayern weg – bis zu einer Höhe von angeblich 60 Millionen Euro.
Als TV-Experte Matthäus gleich zu Beginn des Sommertheaters dieses Preisschild aufrief, ging Uli Hoeneß der Gaul durch. „Lothar hat nicht mehr alle Tassen im Schrank“, schnaubte der Bayern-Patron. Das führte aber nicht zu einer Inventur im Haushalt von Matthäus, sondern zur Replik: „Uli versteht das Geschäft nicht mehr.“
Das Phrasenschwein weiß: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Doch die Bayern haben Luis Diaz, zeigten beim 6:0 gegen Leipzig eine Demonstration ihrer Bundesliga-Hausmacht – und sie haben einen Vogel.
Einen Kakadu aus Porzellan. Den ließen die Spieler bei der letzten Meisterfeier im Nobelrestaurant „Käfer“ mitgehen. Worauf der Besitzer den Diebstahl in eine großzügige Spende umgewandelt hat. Angesichts der geplatzten Deals mit Wirtz und Woltemade ist das allenfalls ein magerer Trostpreis.