Der Lack ist ab

Sodele: „Blut am Saxophon“ ist auf dem Markt – ich melde mich nach sieben Wochen Pause zurück. Die musste sein. Denn ich habe mein neues Buch als Selfpublisher herausgebracht. Das bedeutet nicht etwa Selbstbedienung in einem Pub, schön wär’s, sondern dass man sich als sein eigener Verleger so ziemlich um alles selbst kümmern muss.

Bei der Rückkehr in den Kolumnen-Alltag fiel mir ein Zitat von Twitterperlen in die Hände. Zwar gehört es zur Kategorie Flachwitze, hat aber durchaus Potenzial. Es lautet: „Das perfekte Symbol unserer Zeit ist der Laubbläser. Er verlagert ein Problem von einem Ort zum anderen, ohne es zu lösen, benötigt dafür aber wertvolle Energie und macht eine Menge Lärm.“

Da stellt sich sogleich die Frage: Ist der FC Bayern im Herbst 2024 ein Laubbläser?

Bei Licht betrachtet, spricht eine Menge dafür. Lärm gibt’s an der Säbener Straße 24/7, ein Energiefresser war der Nobelclub schon immer. Und die Problemverlagerung ist augenfällig.

Nach seiner Versetzung auf die Außenbahn, die keine Strafe, sondern eine Wertsteigerung sein sollte, spielt Kimmich wieder auf der Sechs. Und Palhinha, der eigens geholt wurde, um dieses Kimmich-Revier zu stabilisieren, brummte auf der Bank, bis Rohdiamant Pavlovic, der das ebenfalls kann, sich das Schlüsselbein brach.

„Ich hätte keinen Palhinha für 50 Millionen gebraucht“, mäkelt Matthäus. Der Portugiese geht posthum auf die Kappe des ungeliebten Trainers Tuchel. Wie auch Innenverteidiger Min-Jae Kim, dessen Fehlerquote sich der von Upamecano nähert.

Für die Bundesliga und den DFB-Pokal reicht das locker wie eh und je, von der letzten, seltsamen Saison mal abgesehen. Doch in der Champions League rangieren die Bayern nach drei Spieltagen auf Rang 23. Nicht auf zwei oder drei, oder 2,3 – nein 23!!!
Unter ferner liefen also. 0:1 bei Aston Villa, 1:4 in Barcelona. Vorbei die Zeiten, als die Münchner die Katalanen mit 8:2 abgevespert haben.

Kimmich versucht, das kleinzureden. „Die letzten sechs Jahre sind wir relativ souverän durch die Vorrunde marschiert. Davon konnten wir uns auch nichts kaufen. Also schaun wir mal, wohin es uns jetzt führt.“

Vorsicht: ganz dünnes Eis! Schaun mer mal, das durfte nur der „Kaiser“ sagen.

Im Vergleich zu dem, was Champions-League-Finalist Borussia Dortmund dieser Tage durchmacht, sind die Bayern-Probleme allerdings Kinkerlitz. Drei Niederlagen in drei Wettbewerben stellen das Vereinsmotto „Echte Liebe“ auf eine harte Probe. Die Fans von Gelb-Schwarz sehen das Gelbe nicht mehr.

1:2 in Augsburg, wie peinlich! 2:5 in Madrid nach 2:0-Führung – au weia! Und beim Pokal-K.o. in Wolfsburg ging es so aufregend zu wie beim früheren TV-Nachtprogramm „Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands“.

Der neue Trainer wirkt angezählt. Nimmt man die Branchenmechanismen als Maßstab, drängt sich trotz der Verletztenmisere die Frage auf: Ist Nuri Sahin bald Nuri dahin?

Noch steht der Terzic-Nachfolger, der zuvor sein Assistent war, unter Welpenschutz. Der jüngste Dreier gegen Leipzig verschafft ihm ein bisschen Luft. Und die Treuebekenntnisse rauschen durch den Blätterwald. Sahin spürt „1000-prozentige Rückendeckung.“ Das wiederum ist inflationär und gefährlich.

Man kann’s drehen und wenden, wie man will: Der Lack ist ab. Bei Sahin, aber auch beim FC Bayern. Dort auf internationaler Ebene. Stand jetzt findet das Finale dahoam am 31. Mai für den Ausrichter nur vor dem Fernseher statt.

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