Das Lachen ist zurück

Der deutsche Fußball an Ostern 2024: Wir debattieren nicht mehr über (fehlende) Eier, sondern nur noch über deren Farbe. Was im Umkehrschluss bedeutet: Die Leistung der Nationalelf stimmt plötzlich wieder!

Für die Freunde des Fachchinesisch: Semi Lucid fuchsia und Team Colleg Purple heißt die Mischung aus pink und lila, mit der unsere neuen Zauberer Wirtz und Musiala nicht nur die Franzosen, sondern auch noch die ungeliebten „Käsköpfe“ aus den benachbarten Niederlanden in die Knie zwangen.

Das neue Auswärtstrikot wurde mit Ken, der männlichen Ausgabe der Barbie-Puppe assoziiert, bis die Freundin des Bundestrainers darin auftrat, und es trieb den Blutdruck der Traditionalisten kurz, aber heftig in die Höhe. Schnell sahen sie jedoch ein, dass Uli Hoeneß mal wieder richtig lag: „Die Farbe des Trikots ist völlig Wurst, entscheidend ist, was auf dem Platz passiert.“ Und der Bayern-Patron muss es wissen, schließlich betreibt er über 40 Jahre lang eine Wurstfabrik.

Über Nacht ist das Lachen im Land zurück, was in Zeiten wie diesen eigentlich nur dem Fußball gelingen kann. „Acht Sekunden gespielt und noch immer kein Tor. Steckt die deutsche Mannschaft in der Krise?“, postete das Satire-Portal „Der Postillon“ zu Beginn des Holland-Spiels.

Weltuntergangsstimmung im November, designierter Europameister im März: Dazwischen liegen ein milder Winter – und Toni Kroos.

Mit einer Selbstverständlichkeit, die „Kaiser“ Franz Beckenbauer bislang exklusiv zu haben schien, übernahm der 2021 zurückgetretene 34 Jahre alte Real-Madrid-Regisseur das Zepter in der Nationalelf. Und die vielen Skeptiker, die im vermeintlichen „Querpass-Toni“ ein Auslaufmodell auf hohem Niveau sahen, übten über die Feiertage die Rolle rückwärts.

Andere haben es immer gewusst, was in dem Kicker aus „Meck-Pomm“ steckt, dessen Heimatverein Greifswalder SC an die Tür zur 3. Liga klopft. „Er pinkelt seit seinem 18. Lebensjahr Eiswürfel“, sagt Rudi Völler, der den jungen Kroos bei Bayer Leverkusen als Bayern-Leihe unter seinen Fittichen hatte.

Diese angeborene Kaltschnäuzigkeit verhilft dem Mittelfeld-Strategen dazu, auch unter ärgster Bedrängnis eine verlässliche Anspielstation zu sein. Passquoten von bis zu 95 Prozent bestätigen das eindrucksvoll.

Bei solchen Werten geht Julian Nagelsmann das Herz auf. Kroos sei, was den Impect-Wert betrifft, der Beste in ganz Europa, versichert der Mann, der sein (kurzes?) Schicksal als Bundestrainer an die Rückholaktion des Altstars geknüpft hat.

Der Impect-Wert gehört zu den neumodischen Parametern des Fußballs und beschreibt, wie viele Gegner überspielt werden.

Überhaupt Nagelsmann. Im Herbst stand er auf der Kippe, jetzt führt er die Wunschzettel an. Weil er alte Zöpfe abgeschnitten und nach aktueller Form aufgestellt hat. Wie die Stuttgarter Mittelstädt, Undav, Führich und Anton. Frankreich und Holland haben sie geschlagen, Heidenheim nicht. So ist das im Fußball, muss aber nicht viel heißen.

Im Gegensatz zu dem, was die Bayern bieten. Spätestens nach dem trostlosen 0:2 im „Clásico“ gegen den BVB ist zweierlei klar: Alonso ist nicht zu haben, und der mürrische Tuchel am Ende.
Plötzlich gilt ein voreilig Gefeuerter an der Säbener Straße wieder als Hoffnungsträger. „Bild“ schlägt vor: Nagelsmann zu Bayern, und Wagner coacht die Nationalelf, bis Klopp 2025 übernimmt.

Gute Idee, wenn man auch den Bundestrainer nach Formstärke aufstellt. Wagner, so heißt es, sei in Topform.

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