Was ist bloß los mit den deutschen Trainerstars? Thomas Tuchel ist intelligent, eloquent und konsequent. Ein Charakter, der zum Anecken neigt, aber taktisch über jeden Zweifel erhaben. Ein Professor des Fußballs. Trotzdem hat noch kein Bayern-Coach nach einem Spiel so oft gesagt: „Ich habe keine Ahnung, warum...“
Was läuft da schief?
Die Münchner Monster verspielen zurzeit ihr größtes Kapital – Souveränität und Selbstverständlichkeit. „Wir sind zu verkopft“, sagt Thomas Müller. Damit meint er die Mitspieler, trifft aber den Trainer. Der meint nur: „Ich mache mir nicht die Mühe, Interviews anzuschauen.“
Blindes Verständnis sieht anders aus. Sky berichtet, Tuchel habe nach dem 0:3-Debakel von Leverkusen in der Kabine gesagt: „Ihr seid nicht so gut, wie ich annahm, dann muss ich mich eben eurem Niveau anpassen.“ Selbst wenn die Dementis stimmen, ist es nach dem 2:3 in Bochum zappenduster.
Der Boulevard hat längst die Säge ausgepackt. „Tuchels Fehler, in Leverkusen mit unerfahrenen, gejetlagten oder halbverletzten Spielern anzutreten, ist in der Geschichte des FC Bayern wohl einmalig“, kommentierte Raimund Hinko, das Schlachtross der „Sport-Bild“. Ist Tuchel an der Säbener Straße ein Missverständnis?
Der 96er-Europameister Markus Babbel, der sein Geld inzwischen mit Babbeln verdient, formulierte einen womöglich gescheiten Satz: „Ob jetzt Tuchel oder zuvor Nagelsmann – sie wissen nicht, wie der FC Bayern funktioniert.“ Entweder Babbel hat recht, oder die Bayern sind bald untrainierbar.
Bei allem Elan, Charme und beginnender Aura mehren sich auch beim Trainer-Überflieger Julian Nagelsmann die Fragezeichen. Die Liaison mit einer Reporterin der „Bild“-Zeitung brachten ihm in der Bayern-Kabine keine Prozente. Und was er als Bundestrainer kurz vor der EM mit Toni Kroos will, müsste er zumindest mal erklären.
Stattdessen gibt der 34 Jahre alte Stratege von Real Madrid, in dem manche noch immer den Querpass-Toni sehen, nach dem Spiel in Leipzig bei „amazon“ bekannt: „Ich habe die Möglichkeit bekommen, selbst zu entscheiden, ob ich die EM spiele.“ Manchmal, kokettierte er, wäre er froh, jemand nähme ihm die Entscheidung ab.
Ob Nagelsmann dieser Persilschein auf die Füße fällt, wissen wir erst hinterher. Aber wie sollen sich Gündogan, Goretzka und Kimmich schon jetzt damit fühlen?
Zurück zum FC Bayern. Tuchel und Vorgänger Nagelsmann eint ein Problem: Sie haben nie höherklassig gespielt. Tuchel brachte es auf acht Zweitliga-Einsätze, bei Nagelsmann streikte mit 20 das Knie. So gelten sie als Protagonisten der Generation Laptop-Trainer. Was ihnen fehlt, ist der frische Stallgeruch eines Xabi Alonso. Aus jeder Faser des Leverkusener Erfolgstrainers spricht noch der Weltklassespieler, der alles gewann, was es gibt. Das verleiht ihm eine überlegene Form der Autorität.
In der Not lassen mehr oder weniger fantasievolle Zeitgenossen über München einen Ballon steigen, auf dem der Name Hans-Dieter Flick steht. Richtig, gemeint ist der Titel-Hansi aus Corona-Zeiten, der sich danach vom Acker machte, weil er die Nationalelf flicken wollte. Nach seinem krachenden Scheitern bei der WM in Katar und den anschließenden Spielen ist er beim FC Bayern nicht mehr vermittelbar.
Doch es gibt immer eine Lösung. Wenn alle Stricke reißen, zieht Uli Hoeneß das Familien-Ass aus dem Ärmel. Dann muss sein Neffe Sebastian die Bayern retten. Und Glanzzeiten sind für den VfB wieder mal nur ein Traum.