Brauchen wir einen Hofnarren?

Wenn das Leben logisch wäre, müsste Klima-Aktivistin Luisa Neubauer ein glühender Fan des Bundestrainers sein. Denn unter der Regie von Julian Nagelsmann erlebt die Nationalelf einen Klimawandel nach dem anderen.

Der Schmach gegen Österreich im Herbst 2023 folgten glanzvolle Auftritte gegen Italien und eine emotionale Heim-EM, die für Deutschland mit der schlimmsten Handspielfehlentscheidung aller Zeiten endete. Das Final4 der Nations League war das Gegenteil des erhofften Schaulaufens – zwei bittere Lehrstunden, erteilt von Portugal und Frankreich. Getoppt wurde der Rückschlag durch die Schmach von Bratislava. Die 0:2-Blamage in der Slowakei löste panikartige Zweifel an der WM-Quali aus. Und dann kommt im alles entscheidenden Rückspiel dieses 6:0, das wie ein Urknall wirkt.

Was ist nun das wahre Gesicht von Wirtz, Woltemade und Konsorten?

Die Antwort behalten Sie am besten für sich, sie könnte schon morgen wieder völlig verkehrt sein.

Klar ist: Eine Schwamm-drüber-Mentalität mit Blick nach vorne entspricht so gar nicht der deutschen Denke. Im Land der Nörgler werden Zweifel aller Art begossen wie zarte Pflänzchen.

„Bild“ nannte den blutleeren Auftritt beim wackligen 2:0 in Luxemburg einen „Rumpel-Rückfall“. Nagelsmann selbst trat danach eine Debatte über die Widerstandsfähigkeit der Generation Z los, indem er in seine Seele blicken ließ: „Ich hatte das Gefühl, die Mannschaft verträgt es nicht, wenn man super draufhaut.“

Flugs zauberte das führende Boulevard-Blatt einen Sport-Psychologen namens Herzog aus dem Ärmel. Und der machte ein Fass auf: „Wir haben einen Haufen Schönwetterspieler. Es fehlen die Alphamännchen. Wenn es nicht läuft, brauchst du Arschlöcher auf dem Platz.“

Moment mal: Heißt es bei RTL bald nicht mehr nur DSDS, sondern auch noch DSDFA – Deutschland sucht das Fußball-Arschloch? Moderiert von Stefan Raab?

Schließlich setzte „Spiegel online“ dem Ganzen die Krone auf mit der lästigen Bemerkung: „Mag sein, dass die deutsche Mannschaft zur WM fährt, aber was will sie da?“

„Teilnehmen“, würde Italien brüllen. Die „Squadra Azzurra“ läuft nach der doppelten Demütigung gegen Norwegen (0:3 und 1:4) Gefahr, zum dritten Mal in Folge eine WM zu verpassen. Erling Haaland erzielte in der Quali 16 Tore – genauso viele wie die Nationalelf. Und er will noch mehr: „Ich schwöre, das ist der Beginn von etwas Großem!“

Wir würden uns schon an mehr Beständigkeit weiden. Aber tätowieren Sie das mal einem Leroy Sané ins Hirn. Nagelsmann holte den launischen Künstler zurück, zählte ihn öffentlich an – und bekam völlig überraschend geliefert: zwei Tore, zwei Vorlagen.

Doch ZDF-Kommentator Olli Schmidt bringt es auf den Punkt: „Sané ist zum Niederknien, manchmal aus Verzückung, manchmal aber auch aus Verzweiflung.“

Vorschlag zur Güte: Der Bundestrainer sollte Chris Kramer als Hofnarr zur WM mitnehmen. Die ZDF-Plaudertasche hat die nötige Leichtigkeit. Den Nebenkriegsschauplatz um Adeyemi, der 450.000 Euro zahlen muss, weil er auf dubiose Weise in den Besitz verbotener Waffen gelangte, moderierte Kramer locker weg: „Als ich das hörte, dachte ich, der hat eine Panzerfaust im Keller.“

Auch taktisch geht der Rio-Weltmeister steil. „Den Ball in Gegners Hälfte halten“, lautet sein Erfolgsrezept, das gegen die Slowaken ein Volltreffer war. „Hintenraus spielen, wie Spanien, liegt uns nicht.“

Ist Fußball am Ende doch nur ein ganz simples Spiel?

 

Zurück zum Blog