Was haben Julian Nagelsmann und Bob Hanning gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel – bei 22 Zentimetern Größenunterschied. Doch bei Licht betrachtet, ist die Schnittmenge eher oho als na ja.
Beide sind klassische Alphatiere: Hanning als selbst ernannter Napoleon des Handballs, und Nagelsmann kommt mit seinen wuchtigen 1,90 m wie ein Wikinger des deutschen Fußballs daher. Beide haben selbst nicht hochklassig gespielt. Und: Aktuell pfeift ihnen heftiger Gegenwind von der Basis um die Ohren.
Hanning, der schrillste unter allen Pullovern im deutschen Sport, erlebt, dass sein 20 Jahre lang gelebtes Image als „Bob, der Baumeister“ ein Verfallsdatum von nur zwei Personalentscheidungen hat. Der Berliner „Tagesspiegel“ nennt den Geschäftsführer des Deutschen Handballmeisters jetzt „Bob, der Buhmann“.
So sehen das viele Fans. Zwar führte Hanning, der die Füchse als lizenzlosen Zweitligisten übernahm, den ehemaligen Studentenklub dank Welthandballer Gidsel auf den Meisterthron und ins Finale der Champions League. Doch dann rumste es gewaltig.
Zuerst zwischen Hanning und Stefan Kretzschmar. Was vermutlich nur eine Frage der Zeit war. Denn als der Füchse-Boss die Kultfigur des Handballs, mit der ihn zuvor eine gepflegte Feindschaft verband, dazu brachte, sein Sportvorstand zu werden, war das so, als würde er den Bock zum Gärtner machen.
Nun kam der große Knall, doch es war kein reinigendes Gewitter. Der Däne Krickau, von Haus aus Trainer und als solcher einst Förderer des jungen Gidsel, stand flugs als Kretzschmar-Nachfolger bereit. Aber Hanning konnte der Versuchung (oder Bedingung?), ihn in Doppelfunktion zu holen, nicht widerstehen. Ab da tut’s menschlich weh.
Das Bauernopfer war Jaron Siewert, den Hanning schon als 15-Jährigen unter seine Fittiche nahm und mit 26 für fünf Jahre zum jüngsten Bundesliga-Trainer machte. Gegen alle Skepsis und trotz eines Schlaganfalles, den Siewert zwischendurch erlitt.
Seither läuft's nicht mehr: 32:39 gegen Magdeburg, 29:34 in Gummersbach. Hanning wurde ausgepfiffen.
So wie die Nationalelf nach der Schmach von Bratislava. Und während der Pause in Köln. Das unterirdische 0:2 in der Slowakei wurde mit dem mühevollen 3:1 gegen Nordirland nur notdürftig repariert.
Die WM-Qualifikation wackelt – und dem Bundestrainer fällt gewaltig auf die Füße, dass er den Titelgewinn schon allzu forsch als Ziel ausgelobt hatte. „Das war nicht besonders gut“, meint Uli Hoeneß. Und nicht nur er.
Seit seinem Amtsantritt kämpft Julian Nagelsmann mit seltsamen Form- und Mentalitätsschwankungen seiner Kicker.
Ist die Nationalelf ein Trainerfriedhof geworden?
Die Tabelle des Punkteschnitts aller Bundestrainer wird von Berti Vogts und Jupp Derwall angeführt. Nagelsmann und Vorgänger Hansi Flick, inzwischen der Held von Barcelona, rangieren abgeschlagen unter ferner liefen.
Es gibt noch weitere Parallelen zwischen Hanning und Nagelsmann: Beide haben exklusive Hobbys. Der Fußball-Bundestrainer fährt Longboard, der Ober-Fuchs coacht in seiner Freizeit die italienische Handball-Nationalmannschaft. Beide sind selbstbewusst und resilient.
Doch auch für sie gilt: Aus der Krise helfen nur Siege. Und eins ist klar: Mit der Aussitzer-Methode à la Helmut Kohl frei nach dem Motto „Was juckt es den Mond, wenn ihn die Hunde anbellen?“ ist es weder für Julian Nagelsmann noch für Bob Hanning getan. 22 Zentimeter hin oder her.