Wie Klitschkos Blut ans Saxophon kam

Wie Klitschkos Blut ans Saxophon kam

Zugegeben: Der Buchtitel mag zunächst durchaus in die Irre führen, schließlich verbirgt sich hinter „Blut am Saxophon“ keineswegs einer dieser in Mode gekommenen Heimat-Krimis, wie man im ersten Reflex vermuten könnte. Es gibt im ganzen Buch keinen Mord, keine Leiche, kein noch so leichtes Verbrechen, was, wie bald schon aufgeklärt wird, damit zu tun hat, dass besagtes Blut von Wladimir Klitschko stammt, dem ehemaligen Schwergewichts-Boxweltmeister. Der boxte nicht nur in jungen Jahren und zumindest dem breiten Publikum noch weitgehend unbekannt in Offenburg, sondern machte dort bei einem Fototermin auch die Bekanntschaft mit seinem, wie er in einem Interview zuvor verraten hatte, Lieblingsinstrument.

 

Kapitel über die Höhenflüge des KSC

In der Offenburger Gustav-Rée-Anlage versuchte der Box-Hüne, damals 22 Jahre alt, einem Saxophon erste Töne zu entlocken. Offenburgs damaliger Stadtmusikdirektor Thomas Berger fungierte als sein Lehrer. Wie bisweilen Klitschkos Kämpfe im Ring endete die Chose nicht gänzlich unblutig: Der Boxer biss mit etwas zu viel Krafteinsatz derart fest ins Mundstück des Instruments, dass er sich an der Lippe verletzte und es tatsächlich zu Blut am Saxophon kam.

 

Es sind Sport-Geschichten wie diese, die Thomas Kastler für sein gleichnamiges Buch gesammelt und aufgeschrieben hat: Die noch kaum bekannten Klitschkos in Offenburg, der Höhenflug der Handballer des TuS Schutterwald, die wieselflinken Kämpfe des ehemaligen Ringer-Weltmeisters Martin Knosp aus Urloffen, der alles gewonnen hat, nur nie bei Olympia, die vier Musketiere des TV Willstätt, die sensationellen Speerwürfe der Christina Obergföll aus Mahlberg samt jene von Ex-Weltmeister Johannes Vetter, der in Dresden geboren wurde, aber seit Jahren schon im Offenburger Stadtrat sitzt – vor allem Sport und Sportlern aus der Ortenau hat Kastler Eingang in sein Buch gewährt.

 

Was nicht weiter verwundern kann, schließlich leitete der 67-Jährige 24 Jahre lang das Sportressort des Offenburger Tagblatts. Dass er dabei stets auch über den „Tellerrand“ blickte, beweist allein schon das Kapitel über den Karlsruher SC und seine europäischen Höhenflüge, wobei auch hier ein Ortenauer als tragende Figur nicht fehlen darf: Rainer Schütterle, geboren in Kehl. 14 Geschichten und Kapitel sind es alles in allem geworden, die meisten von ihnen hat Kastler als Berichterstatter selbst miterlebt.

 

Was er in seiner Erinnerung abgespeichert hat, hat er für das Buch nochmals gründlich nachrecherchiert. Auch so manch neues Detail hat sich dabei aus den zahlreichen Gesprächen mit einem Großteil der Protagonisten ergeben. Das gibt den Geschichten eine noch größere Tiefe. Richtig kleine Sittengemälde des Sports hat Kastler daraus entstehen lassen. Denn nur um das Nacherzählen besonderer sportlicher Ereignisse geht es dem Autor in seinem 456 Seiten dicken Werk beileibe nicht. Vielmehr widmet er sich darin den Menschen, die sie zuwege gebracht haben, und beschreibt die Verhältnisse und Umstände, äußere wie innere, unter denen sie entstanden sind. So sind es die Geschichten hinter den nackten Zahlen und Ergebnissen, die er da einfühlsam und im typisch kastlerschen Schreibstil jederzeit unterhaltsam aufgeschrieben hat. Geschichten von Männerfreundschaften und Liebe, aber auch von Schicksalsschlägen und Enttäuschungen. Sport ohne Emotionen gibt es nunmal nicht. „Blut am Saxophon“ ist dafür bester Beweis.

 

Service

 „Blut am Saxophon“ – 14 fesselnde Sportgeschichten aus der Ortenau, wie sie noch keiner kennt; 456 Seiten, 24 Euro; zu bestellen unter: www.thomas-kastler.de

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